Kiel arbeitet schon seit Jahrzehnten an einem sicheren und gut nutzbaren Radwegenetz. Dabei haben sich die Ansprüche der Nutzer:innen seit den 1980er Jahren aber deutlich gewandelt. Was damals noch annehmbar war, ist heute nicht mehr zumutbar. Dies liegt nicht nur daran, dass unsere Ansprüche gestiegen sind, weil wir sehen, wie gut Radwege sein können. Daneben hat sich das Nutzungsverhalten geändert: Schnelle E-Bikes und breite Lastenräder brauchen mehr Platz, die große Anzahl von Radfahrer:innen passt an vielen Stellen schon lange nicht mehr auf die vorhandene Infrastruktur. Wir stehen also vor der Aufgabe die bestehenden Anlagen nicht nur auf die heutige Nutzung fit zu machen, sondern sie bereits jetzt so zu gestalten, dass noch mehr Radfahrer:innen sie nutzen können.
Nicht nur Lückenschluss, sondern neuer Standard
Lange war es vorangiges Ziel, Lücken im Radnetz zu schließen. An vielen Stellen gab es in Kiel schlicht keinen Radweg – ein Problem das viele andere Städte heute noch kennen. Lücken haben wir heute nur noch wenige, dafür ist die Qualität an zahlreichen Stellen nicht mehr ausreichend. Wir müssen die letzten Lücken schließen und gleichzeitig den Standard verbessern – und die bestehenden Anlagen hochwertig erhalten. Eine gewaltige Aufgabe.
Über die Frage, was einen guten Radweg ausmacht, lässt sich lange streiten. Während teilweise vertreten wurde, dass es überhaupt keine Radwege brauche, sondern der Radverkehr einfach im Autoverkehr mitfahren solle, werden heute vielfach eigene Fahrstreifen auf der Fahrbahn gefordert – gesichert natürlich. Und so banal es klingt: Es braucht immer eine hochwertige Oberfläche (möglichst Asphalt) ohne Wurzelaufbrüche (!) und eine gute Beleuchtung. Als Kommune stehen wir vor der Herausforderungen, die Radverkehrswende mit unseren begrenzten Mitteln und im Rahmen von StVO und StVG zu gestalten.
Ein neues Konzept für Kiel – Premiumrouten
Die Stadt Kiel hat sich aufgemacht, Kiel zur Fahrradstadt zu machen. Die Veloroute 10 – Kiels erste „Premiumroute“ – ist das Wahrzeichen für ein neues Bewusstsein für die Raderkehrsförderung. Auf einem breiten Weg, ohne Pkw-Verkehr und nur wenig Querungen, fahren täglich tausende Menschen zwischen Hassee und Holstein-Stadion. Für uns ist dieser Weg ein „Premiumradweg“, eine „Premiumradroute“.
Premiumrouten sind Radwege, die vier Meter (Beidrichtungsradweg) für den Radverkehr bieten und daneben einen ausreichenden Fußweg, damit es zu keinen Konflikten zwischen Fuß- und Radverkehr gibt. Noch können wir dies nicht an allen Stellen der Veloroute 10 gewährleisten, darum wird weiter an ihr gearbeitet.
Doch auch Fahrradstraßen können Premiumrouten sein. Dafür dürfen dort aber nur wenige Kfz fahren. Darum sind Fahrradstraßen nur Premiumrouten, wenn sie keinen Kfz-Durchgangsverkehr haben. Dies kann etwa durch Poller, wie beim Scharweg oder der Goethestraße gesischert werden.
Neben den baulichen Anforderungen an eine Premiumroute definieren sich diese über die Zahl der Radfahrer:innen, die auf diesen Platz haben. Unsere Premiumrouten sollen so gestaltet sein, dass dort täglich mehr als 4.000 Radfahrer:innen Platz finden. Durch Zählspulen im Boden können wir bei der Veloroute 10 feststellen, dass auch wirklich so viele Menschen die Premiumroute nutzen. Regelmäßig zählen wir auch an anderen Stellen, wie hoch die Nutzungszahlen sind.
Die Veloroute 10 hat den Wunsch nach mehr Premiumrouten geweckt. Die Planungen für weitere Strecken laufen auf Hochtouren. Im nächsten Jahren beginnen etwa die Arbeiten an der Premiumroute Werftstraße, die endlich eine moderne Radverkehrsanlage auf dsa Ostufer bringt. Auch an anderen Stellen gibt es schon fortgeschrittene Planungen, die in den Ortsbeiräten diskutiert werden. Das Ziel ist es, bis 2035 Premiumrouten in der ganzen Stadt zu haben. Doch das erfordert aufwendige Planungen, Diskussionen vor Ort und natürlich viel Geld.
Überall ist Premium nicht möglich
Natürlich wäre es wünschenswert, wenn jeder Weg zum „Premiumradweg“ wird. Doch so einfach ist das nicht. An vielen Stellen sind die Straßenquerschnitte nicht breit genug, um neben Fußverkehr, ÖPNV (Bus und/oder Tram/BRT) und Autos einen vier Meter breiten Radweg zu bauen. Daneben wollen wir das Straßengrün nicht nur erhalten, sondern ausweiten. Auch fehlen schlicht die personellen und finanziellen Mittel. Darum werden wir nicht überall Premiumradrouten bauen, sondern unser Netz mit Haupt- und Nebenrouten ergänzen.
Auch Haupt- und Nebenrouten brauchen Topqualität
Auch die Hauptrouten werden so konzipiert, dass dort bqeuem 2000 – 4000 Menschen/24h mit dem Rad fahren können und auch Nebenrouten sollen immer noch bis zu 2000 Radfahrer:innen aufnehmen können. Die Haupt- und Nebenrouten werden an einigen Stellen sicher auch Premiumqualität erreichen. Bereits jetzt wird an vielen Stellen in Kiel gearbeitet, die Veränderungen im Stadtbild sind vielerorts offensichtlich. Die Verbreiterungen der Radwege, wie etwa am Kronshagener Weg Höhe Veloroute 10, die viel diskutierte Teilsperrung des Königswegs oder des Sophienblatts sind Zeichen für die Verkehrswende in Kiel. Ergänzt wird das ganze durch die Fertigerwochen Fertigerwochen, bei denen in den letzten zwei Jahren fast 30 km Radwegoberflächen erneuert wurden. An vielen Stellen gibt es kleinere Verbesserungen, die im Gesamtbild wenig auffallen, aber notwendig sind, für eine fahrradgerechte Stadt. Wer mit dem Rad in Kiel unterwegs ist, erlebt fast täglich Verbesserungen. Packen wir es also an, damit Kiel eine richtige Fahrradstadt wird.